Mathematik - Selbstverständnis
Selbstverständnis des Faches
Das Fach Mathematik möchte sich Ihnen kurz vorstellen. Das kann natürlich nur sehr oberflächlich erfolgen, denn immerhin wird Mathematik seit über 2500 Jahren betrieben.
Um zu zeigen, was Mathematik sein kann, betrachten wir ein einfaches Beispiel:
Nehmen wir an, Sie möchten Ihr rechteckiges Wohnzimmer mit einem neuen Teppichboden verschönern. Das Wohnzimmer misst vier mal fünf Meter, und Sie wollen wissen, wie viele Quadratmeter Sie benötigen. Sie rechnen vier mal fünf gleich zwanzig, und schon ist das Problem gelöst. Was ist da aber eigentlich jetzt geschehen? Ein Problem des Alltags wurde in eine andere Welt, die Welt der Mathematik, übersetzt und dort gelöst. Sicher, viel musste man im vorliegenden Fall nicht dazu wissen, etwas Geometrie und einfaches Zahlenrechnen reichten aus. Aber die gleiche Idee liegt allen Anwendungen von Mathematik zugrunde: Sachverhalte der ,,wirklichen'' Welt werden in mathematische Objekte übersetzt, die ,,wirklichen'' Probleme werden dabei zu mathematischen Problemen, und die müssen dann gelöst werden.
Bei dieser Übersetzung – etwas wissenschaftlicher spricht man von „mathematischer Modellierung“ – spielen eine Vielzahl mathematischer Gebiete eine Rolle. Manchmal – wie in unserem Beispiel – reichen Zahlen, dann wieder sind Funktionen nötig oder es kommen Vektoren, Wahrscheinlichkeiten, Mengen oder sonstige Begriffe vor. Die Methode, sich die ,,irgendwie mathematische Struktur'' unserer Welt zunutze zu machen, wird seit Beginn der Neuzeit mit überwältigendem Erfolg angewandt. Als Vision hatte es schon Pythagoras formuliert (,,Alles ist Zahl''), der eigentliche Siegeszug begann aber mit Galilei (,,Das Buch der Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben''). Unsere Welt kann offensichtlich mit Mathematik besser verstanden werden als durch bloße qualitative Beschreibung. Deshalb kommt man heute in fast allen Bereichen von Technik, Wirtschaft und Wissenschaft ohne Mathematik nicht mehr aus und ständig werden neue Anwendungsfelder erschlossen.
Kurz: Mathematik ist nützlich.
Wir Mathematiklehrkräfte am Hildegardisgymnasium sehen deshalb unsere Aufgabe darin, bei unseren Schülerinnen und Schülern die nötigen mathematischen Fähigkeiten zu entwickeln, damit sie für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerüstet sind. Neben konkreten mathematischen Kenntnissen und Arbeitsweisen versuchen wir dabei auch allgemeinere Einsichten in Prozesse des Denkens und der Entscheidungsfindung zu vermitteln, die für eine aktive und verantwortungsbewusste Mitgestaltung der Gesellschaft von Bedeutung sind.
Dabei verstehen wir aber Mathematik keineswegs nur als Hilfswissenschaft für andere Bereiche. Bei der Bereitstellung von Modellen zur Beschreibung der Wirklichkeit, werden alle Eigenschaften dieser Modelle nämlich aus grundlegenden Annahmen der jeweiligen Theorie, den sogenannten Axiomen, hergeleitet. Auf diese Weise ergeben sich Wahrheiten, die einen zeitlosen und objektiven Stellenwert haben. Erste bemerkenswerte Wahrheiten beispielsweise über Primzahlen (das sind natürliche Zahlen, die nur durch 1 und durch sich selbst teilbar sind, also die Zahlen 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19 ...) wurden schon im alten Griechenland gefunden. Etwa die, dass man jede natürliche Zahl als Produkt von Primzahlen schreiben kann oder dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Die Mathematik hat sich so über Jahrtausende als gemeinsame Kulturleistung der Menschheit entwickelt und Mathematiker empfinden nun gerade dieses Finden von interessanten allgemeinen Wahrheiten über mathematische Begriffe als wichtigen Aspekt ihres Faches. Die Art der Erkenntnisgewinnung, die letztlich auf menschlicher Kreativität beruht, gibt der Mathematik eine ästhetische Komponente und stellt so einen Wert an sich dar.
Kurz: Mathematik ist faszinierend.